Hans Assmann

Freiherr von Abschatz

1646 – 1699                                           Die Fluten, die du siehst von meinen Augen rinnen,

               Lieb-werthe Rosilis, sind nicht gemeine Thränen,

Wie deine Göttligkeit wohl irgend möchte wehnen!

Wo wolt ich solche Ström und Bäche fassen künnen?

 

Sie werden ausgebrennt vermittelst meiner Sinnen

Von Liljen deiner Schos, von Rosen deiner Wangen,

Und müssen den Geruch von deiner Gunst erlangen,

Dem keine Specerey den Preiß wird abgewinnen.

 

Die Liebe giebt die Glutt, der Ofen steht im Hertzen,

Der dicken Seufftzer Wind bläst mir das Feuer auff,

Der Augen Helm vergönnt dem Wasser freyen Lauff,

 

Und weil so hitzig ist die Flamme meiner Schmertzen,

So müssen in die Höh so viel der Dünste steigen,

Und durch der Augen Röhr ohn Ende sich verseygen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Hans Assmann

Freiherr von Abschatz

1646 – 1699                                           Giebt das Verhängnis uns denn keine Zeit zu letzen?

Geht also schleunig fort der Reise fester Schluß,

               Daß meinem Munde kaum verlaubt den letzten Kuß

In das Corallne Paar der Lippen einzuätzen?

 

O Wort, wie Diamant und harter Stahl zu schätzen,

Daß Hoffnung und Gedult allein erweichen muß!

Doch bringt das Scheiden izt dem Herzen viel Verdruß,

So wird das Wiedersehn uns desto mehr ergötzen.

 

Indessen lebet wohl, ihr treu-geliebten Sinnen!

Es müsse Glück und Zeit zu euren Diensten stehn,

Es müß euch zu der Hand Lufft, Erd und Himmel gehn,

 

Biß wir uns wiederum mit Freud umfassen künnen.

Schliest eurem Hertzen ein, wie ich, ein Füncklein Liebe,

So bleibet unsre Glut verwahrt für Zeit und Diebe.

 

 

 

 

Hans Assmann                    Die erst-auffgestandene Rosilis.

Freiherr von Abschatz

1646 – 1699                                           Ich kam den andern Tag zur Rosilis gegangen/

Als sie zum Morgen noch unangeleget war.

Sie stellte die Auror in eignem Bilde dar/

Wenn sie der frühen Welt zeigt ihre Rosen-Wangen.

Die Augen/ welche fast der Schlaf noch hielt umfangen/

Verglichen sich der erst entwichnen Sternen-Schaar/

Ihr über Stirne/ Wang und Hals gestreutes Haar

Dem Netze/ welches uns die theuren Würme langen.

Der weißen Hände Schnee schien heller denn der Tag/

Der angebohrne Schmuck/ die lieblichen Geberden

Beschämten was der Fleiß/ die kluge Kunst vermag.

Giebt Rosilis/ mein Liecht/ zum Morgen solchen Schein/

Wie soll mein Hertze nicht zu lauter Flamme werden/

Wenn sie wird angelegt in vollem Mittag seyn! 

 

 

 

 

 

Hans Assmann                    Die Jagt der Liebe.

Freiherr von Abschatz

1646 – 1699                                           Indem du gehest nach durch Feld und Wald den Thieren/

Schau ich/ ob ich ein Wild der Venus fangen kan.

Du redest offt was stumm/ und ich was taub ist/ an/

Du läst die Grausamkeit/ ich kühne Freyheit spüren.

Du läst dich einen Hirsch durch Berg und Thäler führen/

Mich bringt ein schönes Bild auff unbekannte Bahn.

Du setzest Strick und Netz/ ich Wort und Reden dran/

Wie müssen beyderseits offt Müh und Zeit verlieren.

Wir fragen beyde nichts nach Regen oder Wind/

Und wie dich offtermahls die falsche Spur betriegt/

So werd in eitler Furcht und Hoffnung ich gewiegt.

Nur diß ist noch/ in dem wir unterschieden sind:

Du hast der Mühe Lohn zuweilen schon empfangen/

Mir aber ist bißher kein Wild noch eingegangen.